On Juni 17, 2016, the City of Leipzig awarded the Bach Medal of Honor to the Dutch baritone Peter Kooij. At the ceremony, the festive “laudatio” was spoken by Max van Egmond, former singing teacher of Peter Kooij and equally involved in Leipzig’s many Bach activities, for many years.
This is the text of Max van Egmond’s speech:
Herr Oberbürgermeister, meine Damen und Herren !
Es ist mir eine Ehre und ein Vergnügen, heute mit ihnen zu feiern, dass mein Kollege Herr Peter Kooij die Bachmedaille der Stadt Leipzig empfangen wird.
Ladies and gentlemen. In view of the international importance of Leipzig and its Bach activities, I will add a few words in English, towards the end of this LAUDATIO.
At the same time, I trust that YOU, my universal Bach Family, will understand most of what is said here, no matter in WHICH of the two languages.
Bei der Vorbereitung dieser Laudatio fiel mir gleich ein, dass ich über dieses Ereignis endlos lange reden könnte. Aber davor sollten SIE, meine Damen und Herren, ordentlich beschützt werden. Deswegen beschränke ich mich darauf, einiges über Geometrie zu erzählen. Und zwar von einem Dreieck (einem kulturellen Dreieck, zu ihrer Beruhigung….) An jeder Ecke steht ein Name, und zwar nacheinander: Peter Kooij, Bach und Leipzig. Und wie’s sich bei einem Dreieck gehört, sind die drei ordentlich mit einander verbunden.
Ich aber fühle mich ebenso mit den drei Namen verbunden. Deshalb stelle ich mich in der Mitte auf, damit ich alles schön überblicken kann. Ich schaue einfach auf die drei Ecken und beleuchte, der Reihe nach: Peter Kooij, J.S. Bach und Leipzig.
Also, an der ersten Ecke sehe ich Peter Kooij.
Und weil seine Geschichte mit der meinen eng verbunden ist, nenne ich dieses Kapitel einfach „Peter und Max“.
Wir gehen weit zurück: zum Jahre 1969. Und wir versetzen uns in das liebliche Dorf Soest in den Niederlanden. Ich sang dort in der H Moll Messe, dirigiert von Maarten Kooij, Peters Vater. Es war ein richtiges Familienereignis, denn Peters Mutter sang im Chor und er selbst war Knaben-Alt.
Eigentlich war Peter ein Wunderkind. Er spielte Violine und Klavier und er baute selbst ein Cembalo. Nun wissen Sie vielleicht, dass kleine Kinder, wenn sie zu gleicher Zeit lesen, schreiben UND Notenschrift lernen, fürs Leben Helden sind beim prima vista (also vom Blatt) singen. So auch Peter…
Es vergingen einige Jahre. Peter überlebte den Stimmbruch und wurde nun Bariton.
Er konnte aber auch falsetttieren, also counter tenor singen. Sein erster Versuch an einem Konservatorium Gesang zu studieren scheiterte, weil man meinte, er hätte nicht die Voraussetzungen, Berufssänger zu werden. Zum Glück versuchte er es gleich noch mal, jetzt aber in Amsterdam, wo ich Gesang unterrichtete. Dort wurde er gleich zum Starstudent. Noch während seiner Lehrjahre wurde Peter Kooij Mitglied des renommierten niederländischen Rundfunkchores. Die Leitung wartete nicht einmal bis er seinen Abschluss gemacht hatte, denn für Naturtalente stellt man eben Formalitäten zur Seite. Mit recht.
Wieder vergingen einige Jahre. Peter machte seinen Abschluss. Und wie…!
Seine Art Stimme erwies sich als ideal für das barocke Oratorium. Und zwar wegen einer tessitura für sowohl Bass- wie auch Baritonpartien und wegen seiner Beweglichkeit für komplizierte Verzierungen, trotz der tieferen Lage.
Peter begann nun bald seine Solokarriere. Mit fliegendem Start, darf man wohl sagen.
Nach wie vor waren Verwandte von Peter auch erfolgreiche Musiker. Mit seinem Schwager, dem Pianisten Jan Jansen machte Peter Konzerte und Aufnahmen. Und Jansens Tochter, Janine Jansen (Nichte von Peter) ist eine internationale Sologeigerin geworden.
Obwohl Peter und ich uns gelegentlich trafen im Solistenteam für Passionen, verliefen unsere Konzertreisen doch meistens getrennt voneinander, weil für Kantaten und Oratorien gewöhnlich nur einen Bass-Bariton vorgeschrieben ist. Also, während ich sang unter z.B. Wenzinger, Leonhardt und Harnoncourt, trat Peter Kooij an anderen Orten auf mit Herreweghe, Brüggen, Suzuki und Koopman.
Auch in anderem Zusammenhang arbeiteten Peter und ich parallel zu einander, aber mit dem gleichen Ziel. Während ich weiterhin unterrichtete an der Amsterdamer Musikhochschule, wurde Peter Dozent am Königlichen Konservatorium in Den Haag. Dort gibt es eine wichtige Abteilung „Alte Musik“, wo internationale Spezialisten wie Michael Chance und Jill Feldman unterrichten. Aber auch dort kreuzten sich unsere Wege gelentlich, als ich nach Den Haag eingeladen wurde als Juror oder Gast-Dozent.
Soweit mein erster Kapitel „Peter und Max“.
Nun betrachte ich die starke Verbindungslinie zwischen Peter und Bach.
Manchmal frage ich mich, ob Geografie und Klima etwas zu tun haben mit Veranlagung für gewisse Stile oder Musikarten. Stellen wir uns vor dass Peter Kooij oder auch ich nicht im flachen und feuchten Holland geboren wären, sondern in Italien oder Spanien. Dann wären wir vielleicht ein Leben lang in einen der vielen Opernchöre aufgenommen worden, als mäßige Sänger von Verdi und Puccini. — Aber nein, unsere Wiegen standen in jenem puritanischen Land, wo Oratorien beliebter sind als Opern, wo Bach ebenso wichtig ist wie Brahms, wo Leonhardt, Brüggen und Koopman sich entfalten konnten, und wo der Österreicher Harnoncourt früher und schneller zum internationalen Dirigenten wuchs als in seinem Vaterland.
Darüber hinaus befinden sich die Niederlande dicht neben Deutschland. Und da sind nicht nur Schütz, Bach, Händel und Beethoven aufgewachsen, sondern da werden heute auch Investitionen gemacht um die eigene Kultur zu pflegen und blühen zu lassen.
Das sind also unsere östlichen Nachbarn. — Zum Süden hin erwärmen wir uns am emsigen Belgien mit seinen Genien Herreweghe, Van Immerseel, Jacobs, und den Gebrüdern Kuyken.
Und Peter Kooij…? — Er wurde aus allen diesen Himmelsrichtungen entdeckt und geschätzt. Er hat sogar Deutschland als seine zweite Heimat gewählt. Selbstverständlich blieb es nicht bei Europa. Nach Japan hätte Peter sozusagen ein Flugabonnement brauchen können für die zahlreichen Aufnahmen mit Masaaki Suzuki. Mit diesem fernöstlichen Bachspezialisten sowie mit den früher genannten Herreweghe, Brüggen und Koopman hat Peter Kooij im Laufe der zeit nahezu alle Vokalwerke von Bach aufgenommen.
Als ob das noch nicht genug wäre, hat Peter ein Vokalensemble mit Namen „Sette Voci“ gegründet, das alle Motetten von Bach auf CD veröffentlicht hat.
I just memorized, ladies and gentlemen, that Peter Kooij is one of the few singers who have recorded practically all Bach’s solo music. Moreover, he used his talents for playing and conducting, as he lead ensembles of students and professionals.
Wir kommen jetzt zu dem dritten und letzten Eck von unserem Dreieck:
Peter und Leipzig.
Wer an Leipzig denkt, hat natürlich in erster Linie Bach in Gedanken. Jeder Barockmusiker empfindet Leipzig als Wallfahrtsort. Das gilt besonders für Peter Kooij. Im Jahr 1973, als 19-järiger Bariton-Solist, war Peter in Leipzig, um mit dem Domchor aus Utrecht, unter der Leitung seines Vaters, Händels Messias zu singen. In jenen Jahren vor der Wende war im Westen Leipzig bekannt als Ort wo man gute und billige Noten kaufen konnte. Aus jenen vergangenen Zeiten erinnere ich mich an ein Gefühl als gäbe es einen kulturellen Faden zwischen Holland und Leipzig. Der Niederländische Bachverein in Naarden machte einen goldenen Griff, als er den Leipziger Basssänger Herman Christian Polster zu sich einlud für die Jesusworte in der Matthäus-Passion. Das war in den achtziger Jahren und Polster und ich teilten uns mehrere Jahre hintereinander die Basspartien der Passion. Polster hat dann auch vermittelt, dass ich – noch vor der Wende – eingeladen wurde als Juror beim Johann Sebastian Bachwettbewerb. Es war eindrucksvoll zu sehen, wie – nach der Wiedervereinigung – dieser Wettbewerb sich allmählich international entfaltete und aktualisierte. Und (es muss mir vom Herzen) das wurde nach wie vor tadellos organisiert von Frau Sabine Martin. (Meine Achtung und meinen Dank, liebe Sabine !)
Als Beispiel dieser Aktualisierung des Wettbewerbs gilt, dass das Begleitungsorchester nun ausschließlich Barockinstrumente verwendet.
Auch andere Niederländische Baritonsänger wurden als Juroren eingeladen: Peter Kooij bisher vier Mal. Und, sogar im nächsten Monat, Harry van der Kamp – mal wieder als Vorsitzender der Vokaljury.
Ladies and gentlemen. — I have tried to explain that from my perspective as Peter Kooij’s teacher as well as his live-long colleague, AND one associated with Leipzig’s many Bach activities, it is chrystal clear to me, that Peter Kooij henceforth deserves to wear the City of Leipzig’s Bach Medal.
Herr Oberbürgermeister, meine Damen und Herren!
Die Stadt Leipzig hat vieles zu bieten. Sie ist eine Oase von Vielseitigkeit, Ordnung und Kultur. (Im Jahr2012 erlebte ich, während des Wettbewerbs, sogar einen Weltkongress der „Gothics“, wodurch die Leipziger Innenstadt zeitlich etwas schwarz aussah….)
Heute aber regiert hier Johann Sebastian Bach. Und wer „Bach“ sagt, denkt früher oder später an Peter Kooij. Deshalb ist es logisch und gerechtfertigt dass er ab heute Träger der Bach-Medaille der Stadt Leipzig wird. Diese Zuerkennung symbolisiert und bekrönt den intensiven kulturellen Austausch zwischen Deutschland und den Niederlanden.
Ich danke ihnen.